Start Politik und Recht IPPC-Law: Digital-Service-Act – Entwicklung in Europa

IPPC-Law: Digital-Service-Act – Entwicklung in Europa

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Rechtsentwicklung im Internet – Digital-Service-Act der Europäischen Kommission – von Daniel Sebastian, Rechtsanwalt in Berlin

Die EU-Kommission in Brüssel strebt im Rahmen ihrer „Agenda für Europa“ die Einführung eines Digital Services Act an. Es handelt sich um ein europäisches Gesetzgebungsvorhaben zur Regulierung des Internets. Dieser soll die e-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 erneuern und einen Regelungsrahmen für die Erbringung von digitalen Dienstleistungen im europäischen Recht geben.

Amerikanische Konzerne beherrschen das Internet technisch und entziehen sich einer wirksamen Kontrolle

Vor allem angesichts der stetig zunehmenden Marktmacht von US-amerikanischen Plattform wie Google oder Facebook sollen neue Regelungen die heutigen digitalen Realitäten besser erfassen. Die Hauptziele des Digital Services Act sind dabei die Vereinheitlichung des digitalen Binnenmarktes, die Schaffung eines Kontroll Rahmens für große Plattformbetreiber sowie die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs. Hintergrund des Vorhabens der EU-Kommission ist die derzeitige Zersplitterung der nationalen Regelungen und große Regelungslücken. Faktisch lassen sich die großen Konzerne zurzeit nicht regulieren oder kontrollieren. So haben beispielsweise Deutschland mit dem Netzwerk Durchsetzungsgesetz (NetzDG) und Frankreich mit einem Anti-Hass-Gesetz bereits eigene Regelungen für Plattformbetreiber auf nationaler Ebene geschaffen. Der Anwendungsbereich des Digital Services Act soll nun jedoch nahezu alle digitalen Dienste und Online-Plattformen umfassen, die ihre Dienste in den Mitgliedstaaten der EU anbieten. Dies betrifft insbesondere Content-Delivery-Netzwerke, Social-Media Dienste, Suchmaschinen, Sharing-Dienste, Online-Werbedienste, Domain-Name-System-Dienste und Distributed-Ledger-Dienste. Das Internet soll damit transparenter und gerechter werden.

Geplante Neuerungen der Europäischen Union

Der Digital Services Act soll eine Reihe von grundlegenden Neuerungen enthalten. Zunächst soll es zu einer Reform im Bereich der Haftung für Plattformbetreiber kommen. Diese haften bisher nicht direkt für das Hochladen rechtswidriger Inhalte auf ihrer Plattform (sog. Providerprivileg). Vielmehr können sie erst dann haftbar gemacht werden, wenn sie trotz Kenntniserlangung nicht tätig werden. Das soll verändert werden. Durch neue Haftungsregeln sollen die Plattformbetreiber angeregt werden, verstärkt proaktive Löschungen von rechtswidrigen Inhalten vorzunehmen. Darüber hinaus soll die Möglichkeit einer „ex-ante“-Regulierung geschaffen werden. Eine solche Vorabregulierung soll es ermöglichen, frühzeitig auf Situationen zu reagieren, bei denen künftige regulatorische Probleme absehbar sind. Dies kann insbesondere die Übernahme eines Anbieters durch einen Konkurrenten betreffen, bei deren Vollzug die Schaffung uneinholbarer Wettbewerbsvorteile drohen würde. Ferner soll die Interoperabilität zwischen verschiedenen Dienste-Anbietern eingeführt werden. Dadurch könnte es beispielsweise zu einer Öffnung der Kommunikation zwischen Chatnachrichten Diensten wie WhatsApp, Threema und Signal kommen. Auf diese Weise sollen Netzwerkeffekte bekämpft und der Marktzugang für kleinere Anbieter erleichtert werden. Daneben sind noch weitere Neuerungen im Gespräch – so etwa die Einführung von innovationsfreundlichen Regulierungsbedingungen, die Beschränkung von politischer Online Werbung, die Anpassung von Moderationsregeln für Plattformen sowie die Reform von algorithmischen Empfehlungssystemen. Neben diesen inhaltlichen Neuerungen wird auch die Einführung einer neuen europäischen Aufsichtsbehörde diskutiert.

Aufsichtsbehörde über das Internet in Europa geplant

Nach den Erfahrungen mit der Datenschutz Grundverordnung (DSGVO), bei der die Durchsetzung den nationalen Aufsichtsbehörden überlassen wurde, soll nun im Hinblick auf den Digital Services Act eine starke Aufsichtsbehörde auf europäischer Ebene geschaffen werden. Die EU-Kommission strebt damit eine stärkere Kontrolle der Diensteanbieter an, um so bei digitalen Dienstleistungen zu mehr Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung beizutragen.

Kritik am Digital Services Act

Die geplanten Neuerungen im Digital Services Act sind jedoch auch Gegenstand von Kritik geworden. Diese Diskussionsstrategien sind bekannt. In der Regel bieten die großen Marktteilnehmer immer freiwillige Regelungen an und argumentieren mit angeblichen Nachteilen aus der Nutzersicht. So begrüßten die großen Plattformbetreiber zwar grundsätzlich die Schaffung von einheitlichen Regelungen auf europäischer Ebene. Sie fordern jedoch eine sinnvolle Begrenzung der neuen Haftungsregeln, da es ansonsten zu erheblichen Einschränkungen der Meinungsfreiheit der Dienstnutzer kommen könne. Zudem wird von Experten angemahnt, bei der Regulierung keinen „One-size-fits-all“-Ansatz zu wählen, sondern stark nach den unterschiedlichen Diensten und Angeboten zu differenzieren, um eine sachgerechte Regulierung zu erreichen. Die Bundesregierung hat sich bislang noch nicht offiziell zum Digital Services Act geäußert.

V.i.S.d.P.:

Daniel Sebastian
Rechtsanwalt

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