StartWissenschaft und TechnikFachkonferenz "Künstliche Intelligenz und die Automation des Entscheidens"

Fachkonferenz „Künstliche Intelligenz und die Automation des Entscheidens“

München, 23. Oktober 2019 – Was Technologien aus dem Umfeld Künstliche Intelligenz (KI) können und wie sie Entscheidungen unterstützen – darüber berichteten und diskutierten Referenten und Teilnehmer der Fachkonferenz „Künstliche Intelligenz und die Automation des Entscheidens“ des MÜNCHNER KREIS e.V. Durchgängiger Tenor: KI-Systeme verändern die Art und Weise, wie Menschen Entscheidungen treffen. Doch die Menschen entscheiden, wie und wofür sie KI nutzen.

„Orientierung geben für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz“, so formulierte Professor Dr. Helmut Krcmar, TU München und MÜNCHNER KREIS e.V., das Ziel der Fachkonferenz „Künstliche Intelligenz und die Automation des Entscheidens“. Etwa 180 TeilnehmerInnen waren der Einladung gefolgt. Sie erlebten ein abwechslungsreiches Programm, das neben Erläuterungen zum Ablauf menschlicher Entscheidungen und zur Funktionsweise von Algorithmen im KI-Umfeld vor allem zahlreiche Beispiele für deren praktischen Einsatz präsentierte: Beispielsweise leisten sie mit der Vorhersage der Stromproduktion in Windkraftanlagen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Automatisiertes Erstellen von Gebrauchstexten in Journalismus und Marketing sowie die Auswertung und Zusammenfassung wissenschaftlicher Veröffentlichungen helfen den ständig steigenden Informationsbedarf zu befriedigen und kanalisieren gleichzeitig die steigende Informationsflut. Weitere Anwendungen und Geschäftsmodelle minimieren Retouren im Versandhandel oder unterstützen den Aufbau funktionierender Teams und Netzwerke. Dabei gilt generell, so Professor Dr. Paul Lukowicz, Technische Universität Kaiserslautern: „Wie gut KI entscheidet, hängt von der eingesetzten Datenmenge ab. KI ohne Big Data zu betrachten, bringt nichts.“

Maschinelles Lernen (ML) steht im Vordergrund der Anwendung
Für einen sinnvollen Umgang mit KI, so Lukowicz, müssten Anwender verstehen, dass heutige KI vor allem eines ist: das Akkumulieren und Organisieren von Wissen aus riesigen Datenmengen und Umsetzen des Wissens in Handeln. Heute ist beides sehr stark durch Maschinelles Lernen geprägt, benötigt aber auch wichtige Komponenten aus der sog. symbolischen KI. Beides findet bislang bei jeder Anwendung in einem klar abgegrenzten Bereich statt – und nach vorgegebenen Regeln. Zwar wirkt beispielsweise ein Roboter, der nach einem Sturz auf nassem Untergrund seine Gangart ändert, aus menschlicher Perspektive humanoid. Doch der KI-Algorithmus, der ihn steuert, arbeitet mit maschineller Präzision und Geschwindigkeit statistische Funktionen nach mathematischen Grundprinzipien ab, genau wie ein Schach-Computer. Dieses Modell gilt für sämtliche heutigen KI-Anwendungen. Damit ist auch klar: Menschen bestimmen, was aus KI wird. Denn sie programmieren die Algorithmen und wählen die Daten aus, auf denen die Algorithmen trainiert werden. Darüber hinaus bewerten sie die Ergebnisse, die KI-Systeme liefern und vergeben die Rechte für deren Umsetzung.

Mensch-Maschine-Interaktion: Klare Rollenverteilung gefragt
Stefan Holtel, PricewaterhouseCoopers GmbH, verwies auf eine Paradoxie höherer Automation: „Maschinen übernehmen Routineaufgaben und delegieren im Ausnahmefall zurück an Menschen. Den aber überfordert die Situation, weil er verlernt hat, in solchen Fällen adäquat zu reagieren.“ Um KI in Unternehmen, Organisationen und Gesellschaft zu nutzen, ist es somit nicht damit getan, eine Technologie einzuführen und dann nur noch Knöpfe zu drücken. Ein Blick auf den Rebound-Effekt von Service-Robotern beispielsweise legt nahe, sich angesichts des Klimawandels gründlich zu überlegen, welche Tätigkeiten wir KI-Systemen übertragen. Denn der Energieverbrauch eines Menschen steigt durch den Einsatz von Servicerobotern um ein Vielfaches. Deshalb kommt es darauf an, nicht nur die Aufgaben KI-gesteuerter Maschinen genau zu definieren, sondern auch ihre Rolle im Verhältnis zum Menschen. Für die Assistenzroboter zur Unterstützung körperlich beeinträchtigter Menschen gelten dabei andere Regeln als für Industrieroboter, unterstrich Professor Dr. Wolfgang Ertel von der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

KI ist, was Menschen daraus machen
Wenn Maschinen Menschen Arbeit abnehmen, hat das viele Vorteile: Es vermeidet gesundheitliche Schäden durch schwere körperliche Tätigkeit unter widrigen Bedingungen und ermöglicht mehr Freizeit und Selbstbestimmung. Dennoch fürchten viele Menschen derzeit den Verlust ihrer Arbeitsplätze speziell durch Digitalisierung und KI. Tatsächlich werden in den nächsten Jahren viele Jobs wegfallen. Gleichzeitig generieren Digitalisierung und KI in den Industriestaaten jedoch neue Jobs in etwa gleicher Anzahl. Dennoch müsse die Politik Maßnahmen ergreifen. Hierzu zählt z.B., die steigende Anzahl von Crowd-Working-Plattformen an den Kosten für die sozialen Sicherungssysteme zu beteiligen, erklärte Professor Dr. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkts- und Berufsforschung und stellte das Modell eines Digitalen Sozialen Sicherungssystems (DSS) vor, bei dem die Plattformen Beiträge automatisch an das DSS abführen – ohne zusätzliche Bürokratie. Und Ralph Müller-Eiselt, Bertelsmann Stiftung, berichtete: fast zwei Drittel der Verbraucher in einer aktuellen Befragung stimmten zu, dass eingeschränkte Funktionen von Produkten in Kauf genommen werden, wenn das für die Einhaltung ethischer Standards notwendig ist.

Quo vadis, KI?
Das immense Potenzial KI-basierter Technologien entwickelt sich Schritt für Schritt in Richtung autonomes Entscheiden. Willi Schroll von Strategic Labs-Foresight Services empfiehlt drei Trends auf die Watchlist zu setzen: Hyper-Personalisierung, Transparenz und Quanten-Computing. Anforderungen an eine neue, robuste Generation von KI, die beim Erkennen, Bewerten und Beheben von Software-Fehlern und -Schwachstellen unterstützt und automatisch Programmcode generiert, formulierte Dr. Harald Rueß, fortiss GmbH. Zwar übertreffe KI in vielen Bereichen die klassische Programmierung, doch bis zu marktreifen Produkten sei es noch ein weiter Weg. Um das erforderliche Vertrauen in KI aufzubauen, stellte Konstantinos Stavrakis, PricewaterhouseCoopers GmbH, einen Lösungsansatz vor, der neben Zertifikaten auf Basis von Qualitäts- und Sicherheitsstandards auch Katalog-basierte Audits sowie eine Verifizierung der Technologie durch Technologie beinhaltet. Am Ende des Tages sagte Prof. Dr. Michael Dowling, Universität Regensburg und MÜNCHNER KREIS zusammenfassend: „Der Erfolg von KI wird vor allem davon abhängen, wie sie die Erwartungen der Anwender erfüllt. Wir als MÜNCHNER KREIS werden weiter dabei helfen, die Potenziale von KI so zu entwickeln, dass sie möglichst vielen Menschen nutzen.“

Der MÜNCHNER KREIS möchte die digitalisierte Wissens- und Informationsgesellschaft durch seine Arbeit aktiv mitgestalten. Als gemeinnützige, internationale Vereinigung an der Nahtstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft bietet der MÜNCHNER KREIS eine unabhängige Plattform, die gleichermaßen Hersteller, Dienstleister und alle Anwenderbranchen wie Automotive, Energie etc. anspricht. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten setzt er sich konstruktiv mit den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung auseinander, um Orientierung in der digitalen Transformation zu geben.

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