In vielen Lebenssituationen ist die Lohnsteuerklasse vorgegeben, aber Verheiratete und eingetragene Lebenspartner haben die Qual der Wahl. Es besteht zwar keine Pflicht, einen Wechsel zu beantragen, aber in manchen Fällen lohnt er sich. Ändern sich die Lebenssituation oder Einkommensverhältnisse, so kann eine darauf abgestimmte Kombination der Lohnsteuerklassen monatlich mehr Geld auf das Konto von Paaren bringen. Damit sich die Änderung der Steuerklassen noch im laufenden Jahr auswirkt, muss der Wechsel bis spätestens 30. November beantragt werden.
Wann lohnt sich ein Wechsel?
Seit der Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale werden Ereignisse wie eine Eheschließung, der Tod einer Person oder eine Scheidung von der Meldebehörde automatisch an das Finanzamt übermittelt. In diesen Fällen kommt es ebenfalls zu einer automatischen Neueinstufung der Lohnsteuerklasse. In nachfolgenden Fällen obliegt es jedoch einem Ehepaar, aufgrund einer finanziellen Veränderung die Lohnsteuerklassenkombination zu optimieren. „Solche Veränderungen können eine größere Gehaltserhöhung, der Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit, ein Jobverlust, eine Privatinsolvenz, der Ruhestand des Partners, die Geburt eines Kindes oder die Trennung eines Paares sein“, erklärt Robert Dottl, Vorstandsvorsitzender der Lohi (Lohnsteuerhilfe Bayern e. V.).
Optimierung nach Heirat
Ein Ehepaar, das in diesem Jahr frisch geheiratet hat, sollte überprüfen, ob die zugeteilte IV/IV-Kombination für sie die richtige ist. Verdienen beide in etwa gleich viel, so ist nichts zu tun. Liegt die Höhe der Einkünfte der beiden weit auseinander, so kann ein Wechsel in die III/V-Kombination oder die Entscheidung für das Faktorverfahren für das Paar Vorteile bringen, sofern beide Ehepartner das wollen.
Geänderte Einkommensverhältnisse in der Ehe
Hat sich bei einem Ehepaar oder eingetragenen Lebenspartnern im laufenden Jahr ein Gehalt derart verändert, dass es zu ungleichen Einkommensverhältnissen gekommen ist, dann kann sich der Wechsel der Steuerklasse in die III/V-Kombination lohnen. Geht ein Ehepartner vor dem anderen in Rente und der andere bezieht noch Einkünfte aus einem Angestelltenverhältnis, sollte der Arbeitnehmer die Steuerklasse III und der Rentner die Steuerklasse V wählen.
Durch einen Wechsel steigt das monatliche Netto auf dem Konto an, da der Allein- oder Besserverdiener in der Steuerklasse III während des Jahres niedriger besteuert wird. Bei Festsetzung der endgültigen Steuer im Rahmen des Jahressteuerausgleichs, der mit der Einkommensteuererklärung erfolgt, kann es jedoch zu einer Nachzahlung kommen. Um das zu vermeiden, ist das Faktorverfahren zu wählen.
Für wen ist das Faktorverfahren geeignet?
Der Faktor für eine realistische Einkommensverteilung wird ab 2019 nur mehr alle zwei Jahre auf Antrag für die Einkommensverhältnisse neu berechnet und festgesetzt. Der Antrag muss immer von beiden Partnern unterschrieben werden. „Bei hohen variablen Einkommensbestandteilen, Prämien oder Boni wird der Faktor jedoch ausgehebelt und es kann wieder zu einer Nachzahlung kommen“, so der Steuerexperte der Lohi. In solchen Fällen kann ab dem nächsten Jahr wieder eine Änderung beantragt werden.
Wechsel bei Trennung möglich
Trennt sich ein Ehepaar, so können im Kalenderjahr der Trennung die bisherigen Steuerklassen beibehalten und die Vorteile des Ehegattensplittings letztmalig genutzt werden. Seit 2018 kann sich der Ehegatte, der sich in der Steuerklasse V, also der ungünstigeren Steuerklasse befindet, alleine ohne Zustimmung und Unterschrift des anderen einen Antrag auf den Wechsel in die Steuerklasse IV stellen, die ihn besserstellt. Der andere Ehegatte hat dann die Konsequenz zu tragen und rutscht ebenfalls, vielleicht ungewollt, in die Steuerklasse IV. Den einseitigen Wechsel sollte man unbedingt vorab mit seinem Scheidungsanwalt absprechen, denn im Regelfall verursacht er ziemlichen Ärger mit dem Expartner.
Alleinerziehende sollten schnell wechseln
Hat sich ein Paar vor der Geburt eines Kindes getrennt oder leben die Kinder nach einer Trennung ausschließlich bei einem Elternteil, dann sollte der Alleinerziehende schnellstmöglich von der Steuerklasse I in die II wechseln. Darin steht Alleinerziehenden ein jährlicher Entlastungsbetrag von 1.908 Euro für das erste Kind und zusätzliche 240 Euro für jedes weitere Kind zu. „Durch den Steuerklassenwechsel wird der Entlastungsbeitrag auf den Monat umgerechnet und praktisch sofort gewährt, was das verfügbare Monatseinkommen erhöht“, betont Robert Dottl.
Erhöhung des Elterngeldes möglich
Ist die Freude über eine festgestellte Schwangerschaft groß, so kann ein umgehender Steuerklassentausch mit dem besserverdienenden Partner mehr Elterngeld mit sich bringen. Denn dieses hängt von der Steuerklasse der vergangenen zwölf Monate vor Beginn des Mutterschutzes ab. Durch den rechtzeitigen Wechsel von der Steuerklasse V in die Steuerklasse IV oder von der IV in die III kann der Nettolohn der künftigen Mutter im Vorfeld erhöht werden.
Für das Ehepaar insgesamt entsteht dadurch keine Einbuße, denn die vom Partner zu viel gezahlte Lohnsteuer gibt es im Folgejahr mit der Einkommensteuererklärung wieder zurück. Bezogen auf die endgültige Jahressteuerschuld hat der Wechsel nämlich keinen Einfluss. Für werdende Mütter sind die Regularien inzwischen jedoch sehr streng, denn ein Steuerklassenwechsel ist nur bis spätestens sieben Monate vor dem Mutterschutz möglich. Für eine Erhöhung des Mutterschaftsgeldes ist der Wechsel bis drei Monate vor Eintritt des Mutterschutzes möglich.
Optimierung des Arbeitslosengeldes
Fällt im kommenden Jahr der Arbeitsplatz voraussichtlich weg und es steht eine Zeit der Arbeitslosigkeit ins Haus, so kann ein rechtzeitiger Wechsel der Lohnsteuerklasse spätere Vorteile haben. Denn auch das Arbeitslosengeld hängt vom Nettogehalt der Vormonate ab. Die Agentur für Arbeit erkennt den Wechsel aber nur dann an, wenn er noch im vergangenen Jahr liegt oder steuerlich für beide Ehegatten sinnvoll ist. Also, wer damit rechnet, dass er seinen Arbeitsplatz verliert, sollte noch schnell in 2019 wechseln! Der Wechsel hat hier ebenfalls keinen Nachteil auf die Jahressteuerschuld, da zu viel gezahlte Steuern im Folgejahr wieder rückerstattet werden. Vielleicht kommt die Rückerstattung während der Arbeitslosigkeit sogar ganz gelegen.
Beeinflussung weiterer Lohnersatzleistungen
Weitere Lohnersatzleistungen wie das Kurzarbeiter-, Insolvenz-, Kranken-, Unterhalts- oder Überbrückungsgeld werden ebenfalls nach dem Nettolohn bemessen. Ein Kurzarbeiter kann problemlos vor und während der Kurzarbeit wechseln, hierfür gibt es keine Fristen, damit sich die geänderte Steuerklasse auf das Kurzarbeitergeld auswirkt. Für das Krankengeld hingegen muss der Wechsel spätestens einen Monat vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit vollzogen worden sein.
Was ist beim Wechsel zu beachten?
Die Änderung der Lohnsteuerklassenkombination kann nur einmal pro Jahr vorgenommen werden. Die Formulare „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten“ bzw. „Versicherungserklärung zum Entlastungsbeitrag“ bei Alleinerziehenden werden dafür benötigt. Sie sind beim zuständigen Finanzamt einzureichen und eigenhändig zu unterschreiben. Die Kenntnis der Steueridentifikationsnummer ist beim Ausfüllen des Antrags ebenfalls erforderlich.
„Bereits im Folgemonat sollte sich der Wechsel auf dem Lohnzettel bemerkbar machen. Falls nicht, sollte das Lohnbüro des Arbeitgebers auf den Lohnsteuerklassenwechsel hingewiesen werden“, informiert Robert Dottl. Ob der Wechsel erfolgreich war, bestätigt das Finanzamt oder kann direkt im Onlineportal der Finanzämter unter den ELStAM-Daten abgefragt werden.
Die Lohi (Lohnsteuerhilfe Bayern e. V.) mit Hauptsitz in München wurde 1966 als Lohnsteuerhilfeverein gegründet und ist in über 300 Beratungsstellen bundesweit aktiv. Mit über 650.000 Mitgliedern ist der Verein einer der größten Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland. Die Lohi zeigt Arbeitnehmern, Rentnern und Pensionären – im Rahmen einer Mitgliedschaft begrenzt nach § 4 Nr. 11 StBerG – alle Möglichkeiten auf, Steuervorteile zu nutzen.
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