Start Wirtschaft und Finanzen Die Reinheit der Ergebnisse

Die Reinheit der Ergebnisse

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Die meisten Anleger haben die Geschäftsberichte schon erhalten und sie wahrscheinlich auch einmal durchgeblättert, in erster Linie auf der Suche nach der Höhe der Dividende für das abgelaufene Jahr. Dann interessiert sie vielleicht noch die voraussichtliche Dividende für das nächste Jahr und möglicherweise auch noch das eine oder andere Detail. Die wenigsten Kleinanleger jedoch machen sich die Mühe, den gesamten Bericht bzw. die in den Anhängen stehenden Zahlenwerke der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnung im Detail zu lesen. Wird schon alles seine Richtigkeit haben; der Bericht wurde ja von offizieller Stelle geprüft und abgesegnet. Ebenso ergeht es Pressemitteilungen und Quartalsergebnissen – vielleicht ein Fehler, wie wir im Folgenden zeigen werden.

Schleudergang der Zahlenwerke

Wer beispielsweise Aktionär des Waschmittelherstellers Henkel ist, wird in der Bilanz für das abgelaufene Jahr 2018 einen Gewinn je Aktie von 5,33 Euro finden – ein Minus von über 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. An einer anderen Stelle allerdings lesen wir von einem Gewinn von 6,01 Euro pro Aktie. Das bedeutet immerhin ein Plus von fast 3 Prozent gegenüber 2017. Werbewirksam wurden die +6,01 Euro in den Pressemitteilungen des DAX-Mitglieds an vorderster Stelle erwähnt, die 5,33 Euro allerdings fielen vorerst durch das Wäschesieb wie nach einem Schleudergang.
Das kleine Wort „bereinigt“ macht also aus einem Minus ein Plus in der Berichterstattung. Der bekannte Waschmittelhersteller hatte bestimmte Kosten, unter anderem für die Integration einer zugekauften Firma und für seine IT, aus den Gesamtkosten des Konzerns herausgerechnet und damit ein besseres, ein bereinigtes Ergebnis ausgewiesen. Das Geld ist aber trotzdem weg, sprich ausgegeben.

Warum wird bereinigt?

Vorweg die Bitte, das Wort „bereinigen“ nicht falsch aufzufassen. Es geht dabei nicht darum, etwas reinzuwaschen oder zu verbergen. Gemeint ist damit vielmehr die Aufbereitung der Zahlen für die jeweiligen Ansprechpartner, um diesen einen möglichst einfachen Überblick über die benötigten Unternehmenszahlen zu bieten. Denn es macht schon einen Unterschied, ob die Zahlen künftigen Investoren, Journalisten und Anlegern auf der Hauptversammlung, in den Banken oder der Steuerverwaltung präsentiert werden.
Bereinigte Zahlen sind einfach schöner und strahlen heller im Zahlenwerk.
Übrigens, zur Ehrenrettung von Henkel sei gesagt, sie stehen mit der Bereinigung der Zahlen nicht allein. Auch andere bekannte DAX-Konzerne üben sich in der Praxis der Kreativzahlen, wie zum Beispiel SAP, Lufthansa, Bayer, Beiersdorf etc.
Bereinigte Ergebnisse sind auch keine deutsche oder europäische Erfindung. Wie so Vieles stammt der Trend, die Zahlen schöner erscheinen zu lassen als sie wirklich sind, aus den USA. Dort weisen fast alle börsennotierten Unternehmen originell bereinigte Kennziffern in den unterschiedlichsten Bereichen auf, um zu glänzen.

Aber wie eine Auswertung der bekannten Kölner Fondsgesellschaft Flossbach & Storch zeigt, stehen die 30 DAX-Konzerne den amerikanischen Kollegen in punkto Kreativität kaum nach. Zwei Drittel der im DAX vertretenen Konzerne, also immerhin 20 Unternehmen, nutzen alternative Zahlenwerke für ihre Berichterstattung. So werden bereinigte Kennzahlen beim Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT), Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Finanzierungsaufwendungen (EBITA), beim Umsatz und Umsatzwachstum, beim Gewinn je Aktie und beim Jahresüberschuss etc. ausgewiesen.
Dabei ist es nicht unbedingt abwegig, bereinigte Kennzahlen zu präsentieren. Denn es gibt Aufwendungen, die treffen das Unternehmen nur einmal oder nicht so häufig im Konzernalltag. Wenn ein Konzern beispielsweise an die Börse geht, dann ist das mit hohen Kosten verbunden, die aber in der Regel nur einmal vorkommen, oder aber wenn eine Kapitalerhöhung durch die Ausgabe neuer Aktien erfolgt. Doch auch das ist kein laufender Aufwand.

Ein weiterer Grund, den Anleger sicher nachvollziehen können, besteht im Eliminieren von Währungsschwankungen bei export- und importintensiven Betrieben. Wie wir alle wissen, können Währungsschwankungen sich auf das Ergebnis positiv oder negativ auswirken, ohne dass ein Erzeugnis mehr oder weniger verkauft wurde. Und umgekehrt sind Importe von Rohstoffen ebenfalls nicht immer währungsgesichert.
Unternehmen könnten also beim Umsatz bzw. bei den Kosten tricksen, wenn sie nicht währungsbereinigt ausgewiesen werden. Für das vergangene Jahr gaben 10 DAX-Konzerne aufgrund von Wechselkurseffekten angepasste Umsätze oder Umsatzwachstumskennzahlen an.

Fazit

Fakt ist eins: Die Unternehmen müssen ihre realen Kennziffern ebenso erklären wie die hervorgehobenen bereinigten Kennzahlen. Das ist gegenüber den Anlegern nur fair. Wenn die Kennzahlen jedoch versteckt im Kleingedruckten, Anhang etc. oder erst einmal gar nicht auftauchen, dann zeugt das von keiner guten Unternehmenskultur und von wenig Vertrauen in die Urteilskraft der Anleger. Spätestens bei der Vorlage der Jahresbilanz kommt eh alles auf den Tisch. Und dann braucht sich niemand zu wundern, wenn sich verschaukelt fühlende Anleger die Papiere auf „sell“ setzen.

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