StartEnergie und UmweltIst Zeitenwende sekundär?

Ist Zeitenwende sekundär?

Die starke Abhängigkeit von Rohstoffen verlangt ein Umdenken

Berlin, September 2023 – Seit dem 24. Februar 2022 ist es hochoffiziell: Wir leben in der Phase einer Zeitenwende. Ist der Grund dafür der Einmarsch Russlands in die Ukraine oder die in diesem Moment offensichtlich gewordene Abhängigkeit und Blauäugigkeit, von der wir uns abwenden müssen?

Jahrelang hat uns die Ressource Gas günstige Energie und Wohlstand beschert. Unter Druck ist es uns jetzt gelungen Lösungen aufzubauen – auch wenn wir noch lange nicht fertig sind. Andere Ressourcen werden an der Stelle deutlich schwerer zu ersetzen sein, da sie Grundstoffe unserer Wirtschaft sind, die sich nicht durch regenerative Energien ersetzen lassen. Wir können nicht mehr verbrauchen, als wir haben – diese Erkenntnis ist nicht neu. Wir alle kennen den Erdüberlastungstag (2023 in Deutschland am 04.Mai, in den USA schon am 13.März) (Quelle: Country Overshoot Days 2023 – Earth Overshoot Day). Das Problem mit dem „Pump auf Umweltkosten“ ist: Wir können definitiv nicht sagen, wann wir den Kredit aus der Zukunft zurückzuzahlen haben.

Für die Analyse und zur Untermauerung politischer Entscheidungen hat die EU ein Dashboard bzw. Informationssystem RMIS („Raw Materials Information System“) aufgebaut, auf das auch der Bürger Zugriff hat. Dort werden 87 relevante Rohstoffe analysiert und für Interessierte nachvollziehbar dargestellt (Quelle: RMIS – Raw Materials Information System / europa.eu). Demnach sind nur 37 Rohstoffe unkritisch, hingegen 50 Rohstoffe „kritisch“, und 25 werden sogar als „strategisch kritisch“ bewertet. Es zeigt mehr als deutlich, wie stark abhängig Deutschland und die gesamte EU bei Rohstoffen von anderen Ländern ist. Laut dieser Analyse (vom 16.03.2023) ist auch Gallium einer der kritischsten Rohstoffe mit einer Risikobewertung von 4,8 (max. 5). Passenderweise will China Gallium zusammen mit Germanium nur noch begrenzt liefern bzw. hat diese inzwischen sanktioniert. Beide spielen bei Zukunftstechnologien (u.a. Glasfaserkabel, Halbleiter, Solarzellen) eine Schlüsselrolle.

Eigentlich sind diese beiden seltenen Erden wenig beachtete Rohstoffe, von denen wir aber wissen, dass sie zu weit über 80% des Weltmarktes in China raffiniert werden. Laufen wir also von einer Krise/von einer Abhängigkeit in die Nächste? Ja, nur laufen wir nicht, sondern sind bereits mittendrin.
Wir müssen uns eingestehen, dass wir unsere Zukunft nicht autark planen können, sondern wie sehr wir in unserem täglichen Leben, und wie sehr unsere Wirtschaft abhängig vom Verhalten anderer ist. Dumm, dass diese uns nicht unbedingt als Priorität ansehen.

Es gibt keine andere Chance, als dass wir uns in Zukunft wieder an das natürliche Kreislaufmodell der Wirtschaft gewöhnen. Und genau darin liegen neue Perspektiven – vor allem für die, die sich nicht zu schade sind, über den Re-Use, Recycle, und regenerativ als Wert nachzudenken. Vorteile, die sich ergeben, sind klar ersichtlich: Wir könnten uns etwas unabhängiger machen, unser Abfallaufkommen reduzieren, die Umwelt schützen und neue Technologien entwickeln, die das Potenzial als Basis für ein neues Wirtschaftswachstum bergen. Schließlich wird es überall Bedarf an diesem Know-How geben. Dieses Innovationspotenzial gemeinsam mit der reduzierten Abhängigkeit sollte uns alleine schon Motivation genug sein.

Schon Albert Einstein sagte: „Es ist ein Zeichen von Wahnsinn, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Das sollte Antrieb genug sein. Bleibt nur zu hoffen, dass es unsere Führung diesmal schafft, das Wichtige richtig zu vermitteln und die positiven Aspekte herauszustreichen, statt mit Angst vor dem Verlust Wähler in die falsche Richtung zu treiben.

Autor: Andreas Falke, Geschäftsführer FBDi e.V.

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