Europa steht vor vielen Herausforderungen, um den Übergang zu einer gerechten, klimaneutralen, nachhaltigen und digitalisierten Wirtschaft zu bewältigen. An wissenschaftlichen und unternehmerischen Talenten, die dem gewachsen wären, fehlt es nicht. Doch nicht immer haben Innovatorinnen und Innovatoren die Möglichkeit, ihre Ideen zu verwirklichen. Frauen müssen bei der Gründung von Startups zusätzliche Hürden überwinden. Das führt oft dazu, dass ihre Unternehmen bereits in den frühen Phasen scheitern.
Zudem ist der Anteil von Gründerinnen mit Schwerpunkt auf technische Innovationen immer noch niedrig. Dafür gibt es viele Gründe wie etwa geschlechtsspezifische Stereotypen, eine ungleiche Verteilung von Ressourcen und Netzwerken, sowie Diskriminierung bei der Einstellung und Förderung.
Das geschlechterbezogene Ungleichgewicht beginnt bereits vor der eigentlichen Ideenentwicklung für die Gründung eines Startups. So zeichnet sich an den Universitäten in den sogenannten MINT-Studiengängen eine klare Genderdisparität ab. Laut dem Statistischen Bundesamt war im Studienjahr 2021/22 gerade einmal ein Drittel der MINT-Studierenden weiblich. In der Forschung ist der Anteil der Frauen mit fortschreitender akademischer Laufbahn rückläufig.
Besonders in Führungspositionen von Tech-Startups sind Frauen stark unterrepräsentiert. So stagnierten die CTO-Positionen (Chief Technology Officer) in diesen Unternehmen in den letzten drei Jahren bei nur einem Prozent weiblicher Besetzung. Der Anteil der Gründerinnen in deutschen Startups steigt zwar weiter an – zuletzt auf über 20 Prozent. Bis zur Parität ist es dennoch noch ein weiter Weg.
Genderbias in der Kapitalverteilung: Frauen erhalten weniger Investitionen für ihre Startups
Besonders in Bezug auf Investitionen in Technologieunternehmen gibt es in Europa eine starke Ungleichheit zwischen Gründerinnen und Gründern. Rein männliche Teams erhielten im Jahre 2020 mehr als 90 Prozent des aufgenommenen Kapitals.
Einer der Gründe dafür, warum Frauen es oft schwerer als Männer haben, Risikokapital für ihre Startups einzuwerben, besteht darin, dass auch auf Seiten der Kapitalgeber ein großer Gender Gap zu verzeichnen ist. Weniger als zehn Prozent der Risikokapitalgeber sind Frauen. Eine Studie aus dem Jahr 2019, durchgeführt von All Raise, einer Non-Profit-Organisation zur Förderung von Frauen im Risikokapital, ergab, dass nur etwa elf Prozent der führenden Risikokapitalunternehmen in den USA weibliche Gründungspartner haben. Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen lässt sich das in etwa auch auf Europa übertragen.
Auch werden verschiedenen Studien zufolge Frauen bei der Vorstellung ihrer Geschäftsideen häufiger mit Fragen zu potenziellen Risiken und Verlusten konfrontiert. Dies steht im Kontrast zu ihren männlichen Konkurrenten, denen eher positive Fragen gestellt werden, die darauf abzielen, Chancen und Gewinnpotenzial zu erkunden.
Förderprogramme für bahnbrechende Innovationen: Der EIC Accelerator und der EIC Pathfinder im Überblick
Um Innovationen in Europa zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken, wurde der European Innovation Council (EIC) als Teil des Horizon 2020-Programms der Europäischen Union gegründet. Er soll innovative Startups und Unternehmen in Europa unterstützen, indem er Finanzierungsmöglichkeiten und den Zugang zu einem Netzwerk von Investoren und Innovatoren bereitstellt. Besonderer Schwerpunkt ist die Förderung von Frauen. Im Folgenden werden zwei Förderprogramme näher vorgestellt.
Der EIC Accelerator konzentriert sich insbesondere auf Innovationen, die einen technologischen Durchbruch („Deep Tech“) bedeuten würden. Bei ihnen sind oft über einen langen Zeitraum erhebliche Finanzmittel erforderlich, bevor Erträge erzielt werden können. Die Finanzierung und Unterstützung durch den EIC Accelerator soll es solchen Gründerinnen und Gründern ermöglichen, in kürzerer Zeit die volle Investitionssumme zu erhalten, die für ein Scale-up erforderlich ist.
Das übergeordnete Ziel des EIC Pathfinders für Spitzenforschung ist die Unterstützung bei der Entwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen für bahnbrechende Technologien. Er bietet Unterstützung in den frühesten Phasen der wissenschaftlichen, technologischen oder technologieorientierten Forschung und Entwicklung.
Innovation für alle: So fördert der European Innovation Council die Teilhabe von Frauen an der Startup-Szene
Um die genannten Ungleichheiten in der Verteilung von Investitionsgeldern zu überwinden und gleichzeitig Frauen im Bereich der Spitzentechnologie besonders zu fördern, hat der European Innovation Council eine Reihe von Initiativen gestartet. Der EIC versucht eine Parität zwischen den Geschlechtern in allen Gremien herzustellen, die über Investitionszuschüsse entscheiden. So werden Anträge für die Förderprogramme von einer Jury aus Männern und Frauen bewertet. Unabhängig vom Geschlecht stehen drei Hauptkriterien im Vordergrund: Neuartigkeit, gesellschaftlicher Nutzen und Effizienz in der Umsetzung.
Um sicherzustellen, dass eine ausreichende Anzahl von EIC Accelerator- und Pathfinder-Anträgen von Frauen berücksichtigt wird, soll der Pool der zu konkreten Gesprächen eingeladenen Bewerberinnen und Bewerbern zu mindestens 25 Prozent aus Unternehmen bestehen, die von Frauen geführt werden. Bei Investitionsentscheidungen sind neben Renditeerwartungen auch Netzwerke und persönliche Faktoren relevant. Hierbei sind erfahrene Gründerinnen als Business Angel enorm wichtig, da sie Erfahrungen und Netzwerke mitbringen. Aktuell zeigt sich jedoch, dass Gründerinnen noch wesentlich seltener Business Angel sind. Deshalb ist ein wichtiger Faktor zur Stärkung von Diversität in der Startup Szene die Vielfalt auf Seiten der Investorinnen. Hierbei spielen auch die EIC- Botschafterinnen, zu denen ich gehöre, eine besondere Rolle.
Der EIC hat durch seine Investitionsstrategie, die nicht nur auf Gender-Ebene, sondern auch hinsichtlich Herkunft und geografischer Fairness, auf Diversität abzielt, europaweit Erfolge erzielt. Im Rahmen des Accelerator-Programms wurden bereits 20 Prozent der Finanzmittel für von Frauen geführte Unternehmen und im Rahmen des Pathfinder-Programms über 30 Prozent für Forscherinnen eingesetzt.
Die KaiserCommunication GmbH betreut u.a. Startups und Technologieunternehmen und ist in Vertretung der zyprischen Agentur Action Global Communications Pressekontakt für den European Innovation Council in Deutschland.
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Bildquelle: Kerstin Bock