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Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen

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1. Einleitung

In seiner Entscheidung vom 22.6.2022 zu Ra 2020/13/0047 gab der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) der außerordentlichen Revision des zuständigen Finanzamtes statt. Das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (BFG) wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der VwGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Anwaltskosten, die einem Ehepartner im Rahmen einer Scheidung entstanden, in einkommensteuerlicher Sicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind. Die Letztgenannten werden in § 34 EStG näher definiert: Bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Solche liegen nur dann vor, wenn sie außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sind sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen. Eine Belastung ist außergewöhnlich, wennsie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst; eine Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

2. Sachverhalt

Der Revisionsgegner erhielt durch ein Anwaltsschreiben Kenntnis darüber, dass sich seine Ehegattin – aus dem behaupteten alleinigen Verschulden des Ehegatten – scheiden lassen wolle und bereits Scheidungsklage eingebracht habe. Erst durch Aufzeigen einer eigenen Eheverfehlung stimmte die Ehegattin einer einvernehmlichen Scheidung zu.

3. Prozessverlauf

Der Revisionsgegner machte seine Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung beim Finanzamt geltend. Dieses verneinte das Vorliegen außergewöhnlicher Belastungen, da aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, dass diese zwangsläufig entstanden seien. Nachdem das Finanzamt die vom Revisionsgegner erhobene Beschwerde abwies, stellte dieser einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das BFG.

Das BFG erkannte unter Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente, dass der Revisionsgegner mehrmals an seine wenig konsensbereite Ehegattin appelliert habe, die gemeinsame Ehe im Weg einer einvernehmlichen Scheidung aufzulösen. Er habe sich somit nicht freiwillig auf eine Prozessführung eingelassen und auch keine Handlungsalternativen gehabt. Aufgrund dessen war das BFG der Ansicht, dass die Anwaltskosten zwangsläufig erwachsen und als außergewöhnliche Belastung zu werten sind.

Das VwGH vertrat in seinem Erkenntnis eine abweichende Auffassung: Die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten (unabhängig vom Fakt, ob die Prozessführung aufgezwungen oder nicht aufgezwungen wurde) sei dann zu verneine,n wenn der Steuerpflichtige vorsätzlich eine Prozessführung herbeigeführt habe oder diese als Folge seines Verhaltens veranlasst worden sei. Nach der soeben genannten Bestimmung wäre die Zwangsläufigkeit der Anwaltskosten des Beschwerdeführers zu bejahen. Im zugrunde liegenden Verfahren habe jedoch keine absolute Anwaltspflicht bestanden, sodass die Anwaltskosten nicht zwangsläufig angefallen seien.

4. Zusammenfassung

Anwaltskosten müssen zwangsläufig sein, um steuerlich als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht zu werden. In Scheidungsverfahren (ebenso wie in zahlreichen anderen Verfahrensarten) besteht keine absolute Anwaltspflicht, dh die Beiziehung eines Anwalts durch die Parteien ist möglich, aber nicht verpflichtend. Besteht keine absolute Anwaltspflicht, sind die Kosten des freiwillig beigezogenen Anwalts nicht als außergewöhnliche Belastung verwertbar, es sei denn, dass das Einschreiten eines Rechtsanwalts aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich ist.

5. Über die Autoren

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