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Die Auswirkungen der Krisen auf den deutschen Mittelstand

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Wie viele Krisen verkraften die Jahresabschlüsse des deutschen Mittelstands noch?

Der Ukraine-Krieg als nächste Krise nach der Corona-Pandemie, der Chipkrise und der Lieferkrise bereitet mit Handels- und Kapitalmarktbeschränkungen dem deutschen Mittelstand nicht nur in finanzieller Hinsicht große Probleme. Je länger die Krisen anhalten und je globaler die Auswirkungen der Krisen sind, desto schwieriger wird das Überleben ganzer Branchen. Nachdem in der Corona-Pandemie vorwiegend Branchen wie Gastronomie, Tourismus und Event um ihr wirtschaftliches Überleben gekämpft haben, trifft es mit dem Ukraine-Krieg nun das verarbeitende Gewerbe und energieintensive Branchen.

Welche Auswirkungen haben Krisen auf die Bilanzen?
Betrachtet man die Auswirkungen auf die Bilanzen der deutschen Unternehmen muss man sich zunächst die Vermögensseite ansehen und die Frage stellen, ob Produktionsstätten deutscher Unternehmen in der Ukraine oder in Russland von Zerstörungen und Embargos betroffen sind. Das Ausmaß der Zerstörungen bzw. des Produktionsausfalls und die Dauerhaftigkeit entscheiden darüber, ob das Sachanlagevermögen abgeschrieben werden muss oder nicht. Auch Fragen über drohende Enteignungen deutscher Unternehmen in Russland, wie lange wird der Krieg dauern oder wie lange fallen dementsprechend zusätzliche Kosten an, die nicht aufgefangen werden können und wie hoch werden diese Kosten sein, lassen so manches Unternehmen außergewöhnliche Lösungen entwickeln, wie die Baumarktkette OBI, die ihre Märkte in Russland verschenkt hat.

Beteiligungen an ukrainischen oder russischen Unternehmen werden über Jahre keine Gewinne mehr ausweisen können. Es besteht daher die Notwendigkeit die Beteiligungen auf ihre Werthaltigkeit zu prüfen.

Bei den Geschäftsbeziehungen, die den Beschaffungs- bzw. Absatzmarkt betreffen, stellt sich die Frage, zu welchem Preis können Rohstoffe bezogen werden oder wie können Lieferverzögerungen liquiditätsmäßig überbrückt, neue Lieferketten eruiert, Vertragsstrafen aus nicht fristgerechter Fertigstellung von Aufträgen und Zahlungsausfälle vermieden werden. Steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie Forderungsausfälle waren in dem Maße in der Auftragskalkulation bisher nicht mit eingerechnet. Sprunghafte Preisanstiege gefährden hier oftmals die Existenz ganzer Branchen und Berufszweige. Die durch die Corona-Krise gebeutelte Tourismusbranche wird nun in Teilen durch die hohen Energie- und Spritkosten erneut getroffen. Busreisen können nicht mehr kostendeckend angeboten werden. Logistiker haben nicht nur das Problem, dass ihnen LKW-Fahrer fehlen, sondern sie werden durch die explodierenden Spritkosten zusätzlich belastet. Die Containerkosten steigen zudem in nicht erwartete Höhen.

Wie sollen diese Kostensteigerungen aufgefangen werden?
In der Zeit vor Corona haben Unternehmen, wenn sie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, mit Personalabbau reagiert. Das kann aber in einer Zeit des Fachkräftemangels nicht die favorisierte Wahl sein. Also gilt es die Produktivität durch neue Technologien zu steigern, weniger Leerzeiten in der Produktion zu haben und Arbeitsabläufe zu optimieren. Wie sollen Investitionen und Kostensteigerungen finanziert werden, wenn sie nicht vollständig an den Endverbraucher weitergegeben werden können? Dies sind Fragen, auf die einzelne Firmen damit reagieren, dass Investitionen, die teilweise dringend notwendig wären, zurückgestellt werden oder noch nicht begonnene Aufträge mit den Kunden rückabgewickelt werden. So werden beispielsweise in der Baubranche bereits verkaufte Wohnungen vor Baubeginn von den Baugesellschaften zurückgekauft, da die Bauvorhaben mit den kalkulierten und vertraglich vereinbarten Preisen nicht mehr kostendeckend umzusetzen sind. Aber ist das der Preis, der von deutschen Unternehmen getragen werden muss und der letztlich auch den Endverbraucher durch Arbeitsplatzverlust trifft? Es muss doch Möglichkeiten der Finanzierung für durch die Krisen angeschlagene Unternehmen geben?

Alternative Finanzierungsformen
Wenn weitere Finanzierungen aus eigenen Mitteln nicht mehr möglich sind, welche Alternativen bieten sich dann den Unternehmen? Die Unsicherheiten an den Märkten lassen auch die Kreditinstitute restriktiv handeln. Nach-dem die Überbrückungshilfen währen der Corona-Pandemie geflossen sind und jetzt die Bankenfinanzierungen wieder in den Vordergrund rücken, kommen die Unternehmen schnell an den Punkt des Nachweises der boni-tätsmäßig guten wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier gilt es stabile Eigenkapitalverhältnisse vorzuweisen.
So werden zunächst Investitionen zurückgestellt, um die finanzielle Lage nicht noch weiter zu belasten. Dies ist jedoch in Zeiten, in denen die Digitalisierung dringend auf den Weg gebracht werden muss und eine klimafreundliche Produktion zwingend geboten ist, kontraproduktiv.

Das bedeutet, dass neben der „klassischen“ Fremdfinanzierung über die Banken, Finanzierungen wie Leasing oder Vorfinanzierungen durch die Kunden in Betracht kommen können. Dies geht aber immer zu Lasten der für jede Finanzierung so wichtigen Eigenkapitalquote. Durch die zusätzliche Fremdfinanzierung wird das Gesamtkapitalvolumen aufgebläht und neben gewinnmindernden zusätzlichen Kosten aus kostenintensiveren Produktionen verschlechtert sich die Eigenkapitalquote in doppelter Hinsicht.

Neben Beteiligungsfinanzierungen wie Schuldverschreibungen und Mezzanine-Finanzierungen zur Stärkung des Eigenkapitals können Avalfinanzierungen eine Alternative darstellen, ohne die Bilanz zu belasten. So können An-zahlungs- und Vorauszahlungsbürgschaften nicht nur das Eigenkapital entlasten, sondern auch die Liquiditätslage entspannen.

Welche Auswirkungen haben die Krisen auf die Gewinn- und Verlustrechnung?

Zunächst gilt es Umsatzeinbußen entgegenzuwirken. Durch die teilweise Änderung des Kaufverhaltens der Kun-den während der Corona-Pandemie hat der Aufbau eines Onlinehandels als weiterem Geschäftszweig durchaus eine Chance Umsatzeinbußen entgegenzuwirken. Nach veröffentlichten Quartalszahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. vom 08.04.2022 zeigen sich im 1. Quartal 2022 im Online-Handel mit der Ukraine-Krise in einzelnen Bereichen (Rückgang um 8,6 % bei Bekleidung und Schuhen) zwar teilweise massive Einbrüche beim Kaufverhalten der deutschen Verbraucher, aber wiederum in anderen Bereichen (Versorger, Lieferanten von dringend benötigten Gütern) wächst der Online-Handel nach wie vor.

Auf der anderen Seite darf der Faktor „Kosten“ nicht aus dem Blickfeld verschwinden. Steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie vermehrte Zahlungsausfälle können nicht komplett aufgefangen werden. Vorbeugend sollte hier jedoch geprüft werden, welchen Anteil diese Rohstoff- und Energiekosten an den Produktionskosten haben und welche Auswirkungen die Preisentwicklungen auf die Ertragslage des Unternehmens haben. Hier spielen Laufzeiten von Energielieferverträgen, Lieferverträge zu Festpreisen sowie Preisgleitklauseln oder auch Anhebungen der Verkaufspreise eine wichtige Rolle.

Produktionsunterbrechungen aufgrund fehlender Materiallieferungen führen einerseits zu Einbrüchen auf der Ertragsseite, aber andererseits auch zu Belastungen des Ergebnisses durch fixe Kosten. Kostensenkungen ent-sprechend zu den Ertragseinbußen lassen sich nicht so schnell bzw. teilweise auch gar nicht umsetzen. Deshalb ist es hier wichtig, bestehende Aufträge, bei denen Materialbestellungen nicht storniert werden können und die bereits vorfinanziert wurden, zu halten und Termin-/Lieferverschiebungen ohne Strafzahlungen zu verhandeln. Insbesondere wenn Preisanpassungen beim Kunden nicht möglich sind.
Wichtig ist aber für jedes Unternehmen, wie auch schon im vergangenen Bericht erwähnt, eine entsprechende Planungsrechnung, die sich auf die nächsten 18 bis 24 Monate erstreckt, um Krisen mit möglichst geringen wirt-schaftlichen Blessuren entgegenzuwirken. Niemand hat die Aneinanderreihung von Krisen mit geradezu epischem Ausmaß erwartet und es ist auch kaum möglich solche Krisen in Gänze einzuplanen, aber ohne Planung und ohne einen Maßnahmenkatalog in der Schublade zur Bewältigung dieser Krisen, gehen Unternehmen ein noch größeres unkalkulierbares Risiko ein.

Karen Vornholt Unternehmensberatung
in Kooperation mit CoPoli e.V.

CoPoli e.V. versteht sich als Plattform für den Austausch von allen Akteuren, die am Gründungsklima und der Beratung danach beteiligt sind und die ein Interesse an qualifizierter Beratung haben. Der Verein unterstützt alle Aktivitäten, die zur Verbesserung des Gründungsgeschehens und die zur Erhaltung von Unternehmen beitragen.
Es sind Beratungskompetenzen in der Vorgründungs-, Gründungs- und Krisenphase sowie in der Unternehmensnachfolge gegeben. Unsere CoPoli Experten*innen sind geprüfte und zertifizierte Berater*innen und können branchenübergreifend somit auch mit Zuschüssen geförderte Beratungen des Bundes oder der Länder in den Bereichen der Beruflichen Neuorientierung, Existenzgründung, Vertrieb, Design, Personalführung, Leadership, Organisationsentwicklung, Innovationsförderung, Prozess- und Projektmanagement und Digitalisierung anbieten.

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