StartPolitik und RechtPrämiensparverträge mit Zinsanpassungsklausel

Prämiensparverträge mit Zinsanpassungsklausel

BaFin ruft Verbraucher zum Handeln auf und bereitet Regeln für Kreditinstitute vor

Siegburg, 16. Februar 2021

BaFin übt bei Prämiensparverträgen mit Sparkunden Bankenkritik

Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Göddecke aus Siegburg erwecken die neuesten Aktivitäten der Bundeanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Anschein, dass sie unzufrieden ist, wie Banken und Sparkassen mit ihren Sparkunden umgehen. Mit Pressemitteilung vom 29.01.2021 ruft die BaFin Verbraucher mit Prämiensparverträgen und darin enthaltenen Zinsanpassungsklauseln dazu auf, aktiv auf ihr Kreditinstitut zuzugehen und sich erläutern zu lassen, welche Zinsanpassungsklausel verwendet wurde.

Die BaFin geht noch weiter mit ihrer bankenkritischen Äußerung: In einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob diese Klausel wirksam ist oder nicht. Zu Fragen von sich aus einer möglichen Unwirksamkeit ergebenden Ansprüchen auf Nachzahlung von Zinsen bzw. zur Unterbrechung der Verjährung sollen sich Verbraucher an die Verbraucherzentralen oder an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden.

Verbindliche Allgemeinverfügung für betroffene Verträge ist in Vorbereitung

Da die Kreditinstitute mit Verträgen, die möglicherweise unwirksame Klauseln enthalten, nach Auffassung der BaFin die bisherige Rechtsprechung der Gerichte zu diesem Thema nicht ausreichend beachtet und umgesetzt haben, droht die BaFin gemäß Verfügung vom 29.01.2021 eine für alle Kreditinstitute verbindliche Allgemeinverfügung zu erlassen. Durch diesen – nach Ansicht von Anwalt Göddecke – recht ungewöhnlichen Schritt sollen die Kreditinstitute verpflichtet werden, entweder die noch zu erwartende verbindliche höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von sich aus umzusetzen oder mit dem Verbraucher im Rahmen einer zwingend individuellen Vertragsanpassung eine wirksame Zinsanpassungsklausel zu vereinbaren. Derzeit wird hierzu die Anhörung von verschiedenen Interessenvertretern durchgeführt. Anwalt Göddecke konstatiert, dass sich Banken – wenig verwunderlich – sich bereits entsprechend ablehnend zu diesem Vorgehen geäußert haben.

Verbraucher können zu wenig gezahlte Zinsen nachfordern

Die Besonderheit bei Prämiensparverträgen mit Zinsanpassungsklauseln besteht darin, dass durch die benannte Klausel das Kreditinstitut die Möglichkeit hat, die Zinsen selbst festzulegen und nach Maßgabe der eigenen Berechnung an den Verbraucher auszuzahlen. Wenn die Zinsen zu niedrig berechnet und damit zu wenig Zinsen an den Verbraucher gezahlt wurden, kann der Verbraucher zu wenig gezahlte Zinsen nachfordern. Gerade bei langfristigen Verträgen können dies mehrere tausend EURO sein.

Hintergrund

Die betroffenen Prämiensparverträge wurden im Zeitraum 1990 – 2010 abgeschlossen. Bereits im Jahre 2004 hat der BGH in einer Entscheidung die dort angegriffenen Klauseln für unwirksam erklärt. Spätere Entscheidungen des BGH aus den Jahren 2010 und 2017 gingen in die gleiche Richtung. Allerdings hat der BGH wegen der bestehenden Vertragsautonomie nie geklärt, wie eine Anpassung in Form einer wirksamen Vereinbarung aussehen muss. Um eine generelle Linie der Gerichte zu verhindern, wurden die betroffenen Verfahren vermutlich durch Vergleiche beendet. Nach Auffassung von Göddecke wird so versucht, eine einheitliche Vorgehensweise zu Gunsten der Bankkunden zu vermeiden.

Das OLG Dresden hat in einer Entscheidung aus dem letzten Jahr im Rahmen eines von einer Verbraucherorganisation initiierten Musterfeststellungsverfahrens vorgegeben, wie eine solche Anpassung zu erfolgen hat und das beklagte Kreditinstitut verpflichtet, die angepasste Zinsberechnung bei dem Produkt „S-Prämiensparen flexibel“ (PS-Flex-Vertrag) nachträglich vorzunehmen (OLG Dresden, Urt. v. 22.04.2020 – 5 MK 1/19). Bei dem dem Klageverfahren zu Grunde liegenden Finanzprodukt wurde jedoch keine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel vereinbart, das Kreditinstitut gewährte eine auf die Jahressparplanleistung bezogene, verzinsliche und kontinuierlich ansteigende „S-Prämie“.

Das betroffene Kreditinstitut hat hiergegen Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt (BGH XI ZR 234/20). Von diesem Verfahren dürfte erhebliche Signalwirkung zugunsten der Verbraucher ausgehen. Die von der BaFin geplante Allgemeinverfügung greift also der zu erwartenden Entscheidung bereits vor.

Weitere Details unter:

https://rechtinfo.de/bank-und-kapitalmarktrecht/sparvertrag-mit-zinsanpassung/
https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/vf_210129_anhoerung_allgvfg_Zinsanpassungsklauseln.html

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