Start Politik und Recht Einschränkungen der Gastronomie verfassungswidrig

Einschränkungen der Gastronomie verfassungswidrig

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Vfgh hebt Teile der Lockerungsverordnung auf

Die Gastronomie ist – neben dem Tourismus – wohl eine jener Branchen, die von den regulatorischen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 am stärksten betroffen ist. Nunmehr hob der österreichische Verfassungsgerichtshofs zwei wesentliche Bestimmungen der Verordnung des BMSGPK betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (im Folgenden kurz die „Codiv-19-Lockerungsverordnung“) als gesetzwidrig auf:

1. Betretungsverbot von Gaststätten gesetzwidrig (Vfgh 1.10.2020, V 429/2020)

Der Antragssteller betreibt ein Restaurant und durfte gemäß § 6 COVID-19 Lockerungsverordnung, die am 1.5.2020 in Kraft trat, nicht öffnen. Erst am 15.5.2020 wurde diese Verordnung in Bezug auf Gaststätten geändert und somit auch das Betreten dieser Gaststätten unter bestimmten Voraussetzungen wieder zulässig.

Der Antragssteller bringt vor, durch die Codiv-19-Lockerungsverordnung unmittelbar in seinen subjektiven, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein. Er behauptet eine Verletzung des Gleichheitssatzes, weil bestimmte Gaststätten (ua Gastgewerbsbetriebe innerhalb Krankenanstalten, Einrichtungen und Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen und Betriebskantinen) von dem Betretungsverbot ausgenommen wurden. Er sei überdies in seinem Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung und sein Eigentumsrecht verletzt worden. Begründet wurde dies vom Antragssteller mit dem konstant niedrigen Niveau von Neuinfektionen und der damit einhergehenden Unverhältnismäßigkeit des Betretungsverbotes. Auch die fehlende Entschädigung verursache eine weitere Verletzung der Grundrechte.

Eine solche Verletzung konnte der VfGH nicht feststellen. Laut diesem hat der Verordnungsgeber einen Einschätzungs- und Prognosespielraum, welche Maßnahmen er zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie für erforderlich hält. Auch die fehlende Entschädigung ist keine unsachliche Differenzierung, da der Gesetzgeber in seiner Entscheidung, welche Maßnahmen und Rettungspakete er für die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen vorsieht, einen großen rechtspolitischen Gestaltungsraum hat.

Jedoch muss aufgrund des Legalitätsprinzips gem Art 18 Abs 2 B-VG der Verordnungsgeber alle Umstände, die bei der Verordnungserlassung für diese Maßnahmen relevant und entscheidend waren, im Verordnungsakt dokumentieren. Der Grund dafür ist die Nachvollziehbarkeit der Regelungen. Würde es keine Dokumentationen geben, ist die Überprüfbarkeit der Verhältnismäßigkeit aufgrund der großen Spielräume des Verordnungsgeber nicht gesichert. Diese Dokumentationspflicht hat der Verordnungsgeber in Bezug auf § 6 COVID-19 Lockerungsverordnung nicht erfüllt. Er hat es unterlassen, die notwendigen Umstände festzuhalten, wieso er diese Regelung zur Bekämpfung der Pandemie für erforderlich gehalten hat. Aus diesem Grund stellte der VfGH die Gesetzwidrigkeit des angefochtenen § 6 COVID-19 Lockerungsverordnung fest.

2. Beschränkung von Besuchergruppen in der Gastronomie gesetzwidrig (Vfgh 1.10.2020, G 272/2020)

Gemäß § 6 Abs 1,4 und 5 der COVID-19-Lockerungsverordnung ist das Betreten sämtlicher Gastgewerbsbetriebsstätten unter anderem nur zulässig, dass ein Mindestabstand von einem Meter zwischen den Besuchergruppen besteht. Es wurde zudem eine Obergrenze von maximal 4 Erwachsenen zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder, in einer Besuchergruppe eingeführt. Eine Ausnahme bilden dabei Besuchergruppen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben.

Diese Verordnungsbestimmung wurden auf Grundlage des § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen und erfordert eine genaue Darlegung aller Umstände, die den Verordnungsgeber zum Erlassen der Maßnahmen verleiten. Im Verordnungsakt finden sich aber nur Entwürfe der Codiv-19-Lockerungsverordnung und keine Unterlagen bezüglich möglicher Entwicklungsszenarien von COVID-19. Damit erfüllen diese Verordnungsbestimmungen den Anforderungen des § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz bereits deshalb nicht, weil es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit diesen Regelungen getroffenen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat.

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