StartPolitik und RechtStärkung der Verbraucherrechte Durchsetzung

Stärkung der Verbraucherrechte Durchsetzung

Die Politik ordnet das System – außergerichtliche Rechtsdurchsetzung hat sich bewährt. Was ändert sich bei Abmahnungen, Unterlassungsklagen und Muster Feststellungsklagen? Von Daniel Sebastian, Rechtsanwalt IPPC LAW Rechtswanwaltsgesellschaft mbH.

Das Verbraucherrecht wird über das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) überwiegend zivilrechtlich mit außergerichtlichen Abmahnungen und gerichtlichen Verfahren durch Verbraucherverbände, Wirtschaftsverbände, Kammern und Mitbewerber durchgesetzt (kollektiver Rechtsschutz). Betroffene können darüber hinaus ihre Ansprüche durch Klagen vor den Zivilgerichten durchsetzen. Das System der zivilrechtlichen Durchsetzung von Verbraucherrechten hat sich im Kern bewährt. Um es noch einfacher und effektiver zu gestalten, hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission mit dem „New Deal for Consumers“ einen Vorschlag zur verbesserten Durchsetzung von Verbraucherrechten durch Verbandsklagen vorgelegt.

Abmahnungen und Unterlassungsklagen

Nach § 12 Absatz 1 UWG soll der Gläubiger den Schuldner bei Verstößen gegen Verbraucherrecht vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen, um ihm Gelegenheit zu geben, den Streit durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beizulegen. Das Rechtsinstitut der Abmahnung erfüllt den Zweck, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG effektiv außergerichtlich durchzusetzen. Kostenintensive und langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen können so vermieden werden. Experten diskutieren, dass eine nicht unbeachtliche Anzahl von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung von Verbraucherrecht nicht zum Schutz von Verbraucherinteressen oder des lauteren Wettbewerbs ausgesprochen werden, sondern um für die Abmahnenden Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vertragsstrafen zu schaffen.

Politik ordnet das System – außergerichtliche Rechtsdurchsetzung hat sich bewährt

Um die Akzeptanz der Durchsetzung des Verbraucherrechts durch Abmahnungen und Unterlassungsklagen zu erhalten, hat die Bundesregierung am 15. Mai 2019 den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs beschlossen. Insbesondere der Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen wird hierdurch maßgeblich verbessert, ohne die Abmahn- und Klagerechte der Verbraucherverbände zu beeinträchtigen. Die außergerichtliche Streitbeilegung stellt für Verbraucherinnen und für Verbraucher eine wichtige Möglichkeit zur Rechtsdurchsetzung dar. Sie ergänzt den gerichtlichen Rechtsschutz, ohne ihn zu beschränken. Die Zahl der Abmahnungen aufgrund von Urheberrechtsverletzungen sei seit Inkrafttreten des Schutzgesetzes 2013 gegen unseriöse Geschäftspraktiken deutlich zurückgegangen. Allerdings seien die geforderten Gesamt- und Vergleichssummen bei Urheberrechtsverletzungen trotz der Deckelung der Abmahnkosten für den Unterlassungsanspruch im Durchschnitt nicht zurückgegangen. Verantwortlich hierfür seien die parallele Geltendmachung des nicht gedeckelten Schadensersatzanspruches und die Tatsache, dass die Rechtsprechung im Wege der fiktiven Lizenzgebühr auch bei Sachverhalten wie Filesharing eher hohe Schadensersatzbeträge ansetze. Diese Beträge sind aber angemessen, weil der Schaden durch unberechtigte Handlungen sehr hoch ist.

Muster Feststellungsklagen

Bislang mussten sich Betroffene, die ihre Rechtsansprüche gegen teils große Unternehmen geltend machen wollten, einzeln und unter Tragung des vollen Prozessrisikos an die Zivilgerichte wenden. Viele Betroffene sind davor jedoch oft zurückgeschreckt und haben auf ihre Rechte verzichtet. In Fällen, in denen eine Vielzahl von Betroffenen durch ein Unternehmen geschädigt wurde, fehlte ein effektives Instrument für den kollektiven Rechtsschutz. Deshalb wurde zum 1. November 2018 die zivilprozessuale Muster Feststellungsklage eingeführt und damit ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Verbraucherrechte Durchsetzung geleistet. Die Muster Feststellungsklage ist eine „Eine für Alle“-Klage: Sie ermöglicht ein gebündeltes Vorgehen zur Rechtsdurchsetzung gegen ein Unternehmen und reduziert zugleich den Aufwand und die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn anstelle unzähliger Einzelverfahren mit unter Umständen divergierenden Entscheidungen können mit der Muster Feststellungsklage die zentralen Sach- und Rechtsfragen, die allen Fällen gemein sind, in einem einzigen Gerichtsverfahren verbindlich geklärt werden. Dies ist deutlich effizienter und kostengünstiger als unzählige gleichgelagerte Parallelverfahren. Die Muster Feststellungsklage kann ausschließlich von anerkannten und besonders qualifizierten Verbraucherverbänden erhoben werden. Dadurch wird gewährleistet, dass Betroffenen seriös, kompetent und uneigennützig zu ihrem Recht verholfen wird. Der klagende Verband nimmt ihnen damit das Prozessrisiko ab. Im Wege der Muster Feststellungsklage kann beispielsweise einheitlich die Feststellung getroffen werden, ob die flächendeckende Erhebung von Bearbeitungsentgelten durch ein Kreditinstitut zu Unrecht erfolgte und den Betroffenen grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch zusteht. Betroffene können ihre Ansprüche kostenfrei in einem Klageregister anmelden und dadurch die Hemmung der Verjährung ihrer Ansprüche erreichen. Die Muster Feststellungsklage kann sowohl durch Prozessvergleich als auch durch Urteil beendet werden. Die Feststellungen, die das Gericht im Urteil zu den Streitfragen trifft, sind sowohl für das Unternehmen als auch für die im Klageregister angemeldeten Betroffene bindend. Geht das Verfahren zugunsten der Betroffener aus, können sie anschließend ihre individuellen Ansprüche auf der Grundlage des Muster Feststellungsurteils durchsetzen. Zahlt das unterlegene Unternehmen nicht freiwillig, stehen Betroffenen alle Möglichkeiten der gerichtlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung offen. Seit 1. Januar 2020 steht mit der neu eingerichteten Universal Schlichtungsstelle des Bundes allen Betroffenen niedrigschwellig eine zentrale Anlaufstelle zur Verfügung, um die in dem Muster Feststellungsurteil festgestellten Rechte zu verfolgen, ohne gleich die Gerichte anrufen zu müssen:

EU-Verbandsklagen Richtlinie

Mit dem von der Europäischen Kommission am 11. April 2018 veröffentlichten „New Deal for Consumers“ wurde neben der Modernisierungs-Richtlinie (vgl. unter B.1.c.) auch ein Richtlinienvorschlag über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Betroffene vorgelegt. Die Kommission hat damit u. a. auf den Dieselabgas Skandal reagiert, der Lücken in den unterschiedlichen Systemen der Mitgliedstaaten in der Rechtsdurchsetzung aufgezeigt hat. Ziel des Kommissionsvorschlages ist es, die Durchsetzung von Verbraucherrechten durch Verbandsklageverfahren zu verbessern und die bisherigen Regelungen für Unterlassungsklagen bei Verstößen von Unternehmern gegen Verbraucherrecht weiter zu harmonisieren. Die Mitgliedstaaten sollen nach dem Richtlinienentwurf selbst entscheiden können, ob sie behördliche oder gerichtliche Verbandsklageverfahren vorsehen wollen.

V.i.S.d.P.:

Daniel Sebastian
Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Daniel Sebastian, Kurfürstendamm 103, 10711 Berlin bzw. sein Unternehmen IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH gehören seit Jahren zu den gefragten Experten rund um den Schutz von Urheberrechten und Markenrechten. Der Tätigkeitsschwerpunkt der Kanzlei liegt im Vertragsrecht, im Urheber- und Medienrecht, im gewerblichen Rechtsschutz (Wettbewerbsrecht) und im Forderungsmanagement. Die Kanzlei IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt nicht nur in Berlin, sondern bundesweit. Weitere Informationen unter: https://www.ippclaw.com/

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